Schlagworte
Max Horkheimer Theodor W. Adorno Walter Benjamin Siegfried Kracauer Frankfurter Schule Kritische Theorie Kulturindustrie Verfall der Aura Politisierung durch KunstInhalt
Orientierung
In diesem Kapitel werden die Frankfurter Schule, die Kritische Theorie und mit Max Horkheimer und Theodor W. Adorno zwei ihrer zentralen Denker vorgestellt. Mit Walter Benjamin und Siegfried Kracauer werden zwei weitere Theoretiker vorgestellt, die für die Entwicklung der Frankfurter Schule maßgeblich waren.
positivistische versus kritische Theorie
Der Begriff »Frankfurter Schule« bezeichnet eine Denktradition, die am 1923 gegründeten Frankfurter Institut für Sozialforschung entstanden ist. 1937 publizierte Max Horkheimer in der Zeitschrift für Sozialforschung einen programmatischen Aufsatz mit dem Titel »Traditionelle und kritische Theorie«, in der er sich gegen die Dominanz positivistischer Denkmodelle in der Wissenschaft wendet.
Der Positivismus konzentriert sich auf Gegebenheiten (lat. positivum), die nach dem Vorbild der Naturwissenschaften und der Mathematik nach Horkheimer »bloß festzustellen und nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit vorauszuberechnen« sind.
Dagegen führt er eine kritische Theorie ein, die die sozialen Tatbestände als historisch entwickelt und in einem gesellschaftlichen Zusammenhang stehend betrachtet. Horkheimers Unterscheidung zwischen einem positivistischen und einem (sozial-)kritischen Zugang zeigt sich besonders prägnant in folgendem Beispiel:
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben vor allem Horkheimer, Adorno, Herbert Marcuse und Jürgen Habermas die Frankfurter Schule am nachhaltigsten geprägt. Neben Horkheimer und Adorno sind im Kontext unserer kultursoziologischen Betrachtung vor allem Walter Benjamin und Siegfried Kracauer von Interesse, deren von Simmel geprägtes Denken die Frankfurter Schule mitbestimmt hat.
Die Kehrseite der Aufklärung
Zu den wichtigsten Texten der Kritischen Theorie zählen die von Horkheimer und Adorno gemeinsam verfassten Philosophischen Fragmente, die 1947 unter dem Titel Dialektik der Aufklärung veröffentlicht wurden.1 Gegenstand der Untersuchung ist die Selbstzerstörung der Aufklärung:
Die Aufklärung versteht sich grundsätzlich als Überwindung des Mythischen. An die Stelle des Mythos, der von der Steuerung durch unerklärliche oder höhere Kräfte ausgeht, tritt die Vernunft, die die Welt nach kausallogischen Gesetzmäßigkeiten ordnet. Darin besteht ihr befreiender Charakter.
Wenn sich diese Vernunft allerdings nur noch an eigenen Zwecken ausrichtet und die Natur ganz unter die menschlichen Zwecke stellt, spricht man von ›instrumenteller Vernunft‹. Hier zeigt sich die Kehrseite der Aufklärung: Von der Herrschaft durch fremde Mächte (des Mythischen) befreit, entsteht durch die Herrschaft der instrumentellen Vernunft eine neue Abhängigkeit. Damit zerstört die Aufklärung sich selbst.
Hier zeigt sich, dass die Aufklärung bereits den Keim des Rückschritts in sich trägt.2 Ihr Ausbruch aus dem Mythos ist nur vermeintlich: Die Vorstellung, durch die Aufklärung vom Mythos befreit zu sein, ist selbst ein Mythos. Darin besteht die Dialektik der Aufklärung.
Adorno und Horkheimer entwickeln diese Thesen vor dem Hintergrund langjähriger empirischer Forschungen in den USA, beispielsweise zur Massenkultur, zum Antisemitismus und zum autoritären Charakter. So seien beispielsweise der Nationalsozialismus und seine Verbrechen ebenso eine – erwartbare – historische Folge des Aufklärungsgedanken wie sie zu diesem im Widerspruch stehen.
Im gesellschaftlichen Alltag kann man die Dialektik der Aufklärung an zahlreichen Stellen beobachten: So stellt nach Horkheimer und Adorno die Steigerung der ökonomischen Produktivität auf der einen Seite eine zentrale Bedingung für eine gerechtere Welt dar. Auf der anderen Seite aber verleiht sie denen, die über den technischen Apparat verfügen, eine unmäßige Überlegenheit. Dabei werde der Einzelne von den wirtschaftlichen Mächten »vollends annulliert«.
In der Massenkultur der Unterhaltungsindustrie erkennen Horkheimer und Adorno ebenfalls einen Widerspruch zum Aufklärungsgedanken. Anstatt zur Aufklärung der Menschen trage die. Massenkultur letzten Endes nur zu deren Verdummung und »Halbbildung«3 bei.
Rückfall der Aufklärung durch Aufklärung
Das gemeinsame Interesse von Adorno und Horkheimer gilt vor allem der Suche nach den Gründen des Scheiterns der Aufklärung. Wenn die Vernunft einerseits befreit, andererseits neue Abhängigkeiten erzeugt, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit den Errungenschaften der Aufklärung. Horkheimer und Adorno halten es darum für notwendig, den Fortschritt so zu reflektieren, dass man seinen Rückschritt zugleich mit im Blick hat. Die Ursachen für den Rückfall sind also nicht nur in modernen Ersatzmythen (wie z.B. Nationalismus) zu suchen, sondern auch gerade bei den Vertretern der Aufklärung selbst:
»Es gehört zum heillosen Zustand, dass auch der ehrlichste Reformer, der in abgegriffener Sprache die Neuerung empfiehlt, durch Übernahme des eingeschliffenen Kategorienapparats und der dahinter stehenden schlechten Philosophie die Macht des Bestehenden verstärkt, die er brechen möchte. Die falsche Klarheit ist nur ein anderer Ausdruck für den Mythos.«4
Kulturindustrie
Es sind solche Sätze, die den Text von Horkheimer und Adorno auch 60 Jahre nach ihrer Niederschrift immer noch so aktuell und faszinierend bleiben lassen. Dies gilt auch für den zentralen Abschnitt der Dialektik der Aufklärung: »Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug«.
Mit »Kulturindustrie« ist jenes ausdifferenzierte Feld kultureller Produktion und Vermittlung gemeint, das sowohl die Herstellung von Kulturgütern (Medien, Filme, Schallplatte etc.), den Kulturmarkt (Buchmesse, Theater, Museen etc.), die Kulturverwaltung als auch den Kulturkonsum umfasst.5
In der Kulturindustrie degenerieren Kunst und Kultur im Zuge ihrer industriellen Fertigung und massenmedial aufbereiteten Verbreitung immer mehr zur bloßen Unterhaltung und zu einer Ware auf dem »Erlebnismarkt«6 – um es in einer gegenwartsdiagnostischen Begrifflichkeit zu sagen. Auf diese Weise wird die Wirklichkeit von der Kulturindustrie als schöner Schein dargestellt und das kritisch‐emanzipatorische Potential der Kultur völlig zum Verschwinden gebracht. Kritische Ideen sind zwar vorhanden, müssen künstlerisch und kulturell aber ebenso als Ware der Unterhaltung verwertet werden, um Beachtung zu finden. Jegliche Art von Kritik finde sich kurze Zeit später in den Mühlen und Fabriken der Kulturindustrie. Die Kulturindustrie wird nach Adorno und Horkheimer somit zur Totalität, da sie die Gesamtheit der Kunst und Kultur umfasst, ja sogar die Kritik an ihr aufnimmt und zu einem Produkt, einer Ware der Unterhaltung macht.
Kultur als Ware
Die Wirkungen der Kulturindustrie sind nicht als Einschränkungen der individuellen Freiheit zu verstehen, die offen wahrgenommen werden. Die kulturindustrielle Nivellierung von Kritik leitet sich nach Horkheimer und Adorno vielmehr daraus ab, dass die Kulturindustrie ein sich selbst reproduzierender Unterhaltungsbetrieb sei.7 Zur allgemeinen Struktur der Kulturindustrie gehören die
Standardisiertheit,
Serialität,
Monotonie,
und der Warencharakter der Kultur.
Kultur sei reines Geschäft und die von ihr erzeugte Unterhaltung schlägt auch dialektisch zurück: Man erwünsche sich durch die Massenkultur eine Erholung vom »mechanisierten Arbeitsprozeß«, »um ihm von neuem gewachsen zu sein«. Zugleich verlängert sich dieser mechanisierte Arbeitsprozess aber auch in die Erholung, weil die Kulturindustrie mit ihren standardisierten Kulturgütern auch den Erholungsbereich beherrscht8
Zurichtung des Subjekts
Ein weiteres Merkmal der Kulturindustrie liegt in ihrer Fähigkeit, jedes Thema und jeden Inhalt auf einen Unterhaltungs- und Vergnügungswert abzuschleifen. Wenn Nachrichten zum Infotainment und Reportagen zum Docutainment werden, wandeln sie das Leiden von Menschen, über das sie berichten, selbst in eine konsumierbare Unterhaltungsware und blenden es somit aus.9
Anstatt subversiv zu wirken und individuelle Autonomie zu fördern, degenerieren die Bedürfnisse der Konsumenten zu dem, was ihnen die Kulturindustrie als Bedürfnis vermittelt – »personality bedeutet ihnen heute kaum mehr etwas anderes als blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen«.10
Die kulturindustrielle Zurichtung des Subjekts führt insgesamt zu dessen Entmündigung, zur Normierung der Phantasie und der schöpferischen Kreativität, zu Konformismus bis hin zum leidenschaftlichen Festhalten am Bestehenden sowie schließlich zu Abstumpfung und einer stereotypen und pseudo‐individuellen Wahrnehmung seiner Selbst.
Normativer Kulturbegriff
Eine Flucht aus dem Alltag und eine wirkliche Befreiung von der Verdummung kann es in Form der »Massenkultur«, in der Kultur auf Unterhaltung zusammengeschrumpft ist, also nicht geben. Es findet eine »totale Verdinglichung« von Kultur statt.
Adorno und Horkheimer unterscheiden strikt zwischen »eigentlicher« Hochkultur und minderwertiger Unterhaltungskultur. Ihr Kulturbegriff ist darum normativ. Die »Massenkultur« erscheint aus dieser Sicht einzig als Abstumpfung, Massenbetrug und Herrschaftssicherung.
Kritik an Adorno/Horkheimer
Hier setzt die Kritik ein: Horkheimer und Adorno sehen nicht das kritische Potential, das auch von der Massenkultur ausgehen kann. Sie reflektieren ihre eigene Unterscheidung also nicht dialektisch. Im Gegensatz dazu messen die Cultural Studies später auch den Produkten der Populär- und Alltagskultur eine eigenständige Bedeutung bei und spüren bei den Rezipienten widerständige und kreative Praktiken auf.
Einen weiteren und offeneren Kulturbegriff hat Adornos Lehrer Walter Benjamin, der darum auch für die heutige Kultursoziologie und -theorie von Interesse ist. Er will mit den historischen Avantgarde-Bewegungen die Kunst aus ihrem begrenzten Bereich der Kunstinstitutionen befreien und fasst vor diesem Hintergrund auch den Begriff der Kultur im Sinne allgemeiner Sinnsysteme viel weiter.
Nichtsdestotrotz bleiben Adornos und Horkheimers Thesen der Kulturindustrie auch heute noch weitgehend gültig. Das gilt insbesondere für die breite Ausdehnung von Unterhaltung in Medienformate, die zuvor der Information, Dokumentation und Debatte dienten und nun als Infotainment, Dokutainment und Confrontainment nicht mehr der Aufklärung, sondern allein der Unterhaltung dienen.
Die Debatte wird fortgesetzt in der aktuellen Diskussion um die Begriffe »Ästhetischer Kapitalismus«11 und »Kritik der Warenästhetik«12, welche an Horkheimers und Adornos Thesen anschließen.
Es ist Benjamins Kunstwerk-Aufsatz, der in gegenwärtigen Theoriediskussionen um Populärkultur am häufigsten diskutiert wird.13 In dem 1936 in der Zeitschrift für Sozialforschung publizierten Beitrag Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit14 will Benjamin den »Entwicklungstendenzen der Kunst unter gegenwärtigen Produktionsbedingungen« nachspüren.15
Kunstwerke seien nicht mehr im Hinblick auf Originalität, Genialität und Ewigkeitswert hin wahrzunehmen. All das gehöre zu ihrer Aura: ihrem sie umgebenden Geheimnis, das die Kunstwerke wie einen heiligen Vorhof umgibt und dem man sich nur mit Ehrfurcht nähern kann.
Benjamins zentrale These lautet: Das Zeitalter der massenhaften photographischen und filmischen Reproduktion führt zu einem »Verfall der Aura«.16
Wenn Kunstwerke technisch und d.h. massenhaft reproduziert werden – z.B. in Fotografie und Film –, muss mit ihrer Originalität ihre Aura verschwinden. Die Aura zerfällt. Die Frage nach dem Original mache durch die Möglichkeit der massenhaften Reproduktion keinen Sinn mehr. Zugleich ist es im Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit nicht möglich, neue (Ersatz-)Auren entstehen zu lassen.
Politisierung von Kunst
Für Benjamin sind es die Avantgarde-Bewegungen des Dadaismus und Surrealismus, die zur Zerstörung der Aura von Kunst beigetragen haben. Montagetechnik und Sinnverweigerung des Dadaismus, das Unbewusst-Absurde des Surrealismus und die »Chockwirkungen« des neuen Mediums Film verändern die Rolle der Kunst grundlegend. Kunst gehört nicht in den Bereich des Rituals, der Versenkung, sondern bekommt auch eine politische Funktion. Der Zugang zur Kunst wird niedrigschwelliger, sodass nicht nur das Bildungsbürgertum sie versteht. Es entstehe ein Verständnis für das Gleichartige der Welt, welches eine politisierende Wirkung haben kann.
»In dem Augenblick aber, da der Maßstab der Echtheit an der Kunstproduktion versagt, hat sich auch die gesamte soziale Funktion der Kunst umgewälzt. An die Stelle ihrer Fundierung auf’s Ritual tritt ihre Fundierung auf eine andere Praxis: nämlich ihre Fundierung auf Politik.«17
Um die Politisierung voranzutreiben, fordert Benjamin den Zugang der Massen zur Kunst. Die Massenmedien ermöglichen es den Menschen, ihnen die Komplexität des Politischen näher zu bringen und die Kunst zu politisieren. Darin liegt für ihn der emanzipatorische Charakter der neuen Medien und künstlerischen Produktionsweisen. Denn die durch die reproduzierbaren Medien neu geschaffenen Verhältnisse des Menschen zu seiner Umwelt ermöglichen ein politisch bewusstes Erfassen von Erlebnis- und Wahrnehmungsinhalten, eine »Apperzeption«. Diese könne, wenn sie kollektiv und kritisch vollzogen wird, zugleich zu einer Kampfansage gegen die faschistische »Ästhetisierung der Politik«. führen.
»Aufhebung von Kunst in Lebenspraxis«
Nun lässt sich kritisch einwenden, dass Benjamin die Möglichkeiten der Entauratisierung durch die technische Reproduzierbarkeit der Kunst überschätzt. Es bleibt fraglich, ob die massenreproduzierten Werke tatsächlich die politischen Folgen haben, die Benjamin ihnen zuschreibt. Benjamins Verdienst ist allerdings ein doppelter: Er zeigt zum einen, dass Kunstwerke nicht aus sich heraus wirken, sondern immer in eine soziale Praxis und eine Rezeptionsweise eingebunden sind. Zum anderen lotet er die Möglichkeiten politischer Wirkung von Kunstwerken aus. Kunst müsse »in die Lebenspraxis aufgehoben«, d.h. in sie integriert sein. Das verbindet ihn mit den historischen Avantgardebewegungen wie dem Surrealismus und Dadaismus.
Freiheit des Surrealismus
In seinem Aufsatz Der Sürrealismus. Die letzte Momentaufnahme europäischer Intelligenz von 1929 widmet sich Benjamin der Trias von Traum, Geschichte und Banalem. Er übernimmt das surrealistische Interesse am Unbewussten, zu dem man über den Traum Zugang erhält. Der Traum ist nicht irrational, sondern als Möglichkeit zu sehen, das verborgene Wahre am Vergangenen wahrzunehmen. In den kitschigen Bildern des Traums nehmen wir »die Kraft der ausgestorbenen Dingwelt in uns« wahr und erwecken sie zu neuem Leben. Auf den »Tigersprung ins Vergangene« folgt ein Erwachen zu neuer Freiheit, die revolutionäre Energien hat. Benjamin bezeichnet das als »profane Erleuchtung«.
Ebenso wie Benjamin würdigt auch der Soziologe und Journalist Siegfried Kracauer die technischen und ästhetischen Artefakte als Kulturleistungen des Menschen. Innerhalb der Soziologie bleibt er ein Außenseiter, ein »Fremder« im Simmel’schen Sinne, das heißt aber auch: ein scharfer Beobachter, der dem beobachteten Leben bei aller Distanz verbunden bleibt.18
Als einen »Lumpensammler« bezeichnet Benjamin seinen Freund, der früh im Morgengrauen »mit seinem Stock die Redelumpen und Sprachfetzen aufsticht, um sie murrend und störrisch, ein wenig versoffen, in seinen Karren zu werfen, nicht ohne ab und zu den einen oder den anderen dieser ausgeblichenen Kattune ›Menschentum‹, ›Innerlichkeit‹, ›Vertiefung‹ spöttisch im Morgenwinde flattern zu lassen«.19
Kracauers Kulturbegriff
»Kultur« beschränkt sich für Kracauer nicht auf die geistige, religiöse oder künstlerische Dimension. »Kultur« umfasst vielmehr auch die technischen, materiellen, die für den Alltag nützlichen oder auch uns vom Alltag entfernenden, zerstreuenden Dinge. Die Randzonen der Hochkultur wie das Kino, die Operetten, die Revuen, der Zirkus sowie die materielle Wirklichkeit der Alltagswelt wie die Straßen, die Cafés, der Raum, die Wurzellosigkeit des Großstadtlebens oder die Reklame, das alles sind seine Themen, die ihn zum Theoretiker der Massenkultur und zu einem Vorreiter der Cultural Studies oder einer »Soziologie der Dinge«20 machen.21
Filmtheorie
Das Kennzeichen und der Motor der modernen Zerstreuungskultur. sind für ihn neben dem Sport (»Hauptmittel der Entpolitisierung« und des Körperkults) in erster Linie der Film.22 Kracauer gehört mit seinen in der Weimarer Zeit publizierten Filmkritiken in der Frankfurter Zeitung und den im Exil erscheinenden Büchern Von Caligari zu Hitler. Eine psychologische Geschichte des deutschen Films ([1947] 1979), Theorie des Films. Die Errettung der äußeren Wirklichkeit ([1960] 1985) oder Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino (1977: 279-295) zu den bedeutendsten modernen Filmtheoretikern und Begründern der Filmtheorie.23
In den Filmen erschließt sich ihm zufolge eine »bislang nicht wahrgenommene Dynamik menschlicher Beziehungen«, eine – um es in Begriffen von Elias zu sagen – »Psycho- und Sozialgenese« einer Gesellschaft. Sie sind »mehr oder weniger charakteristisch für das innere Leben einer Nation, aus dem die Filme ans Licht treten«.24 Es sind weniger die im Film sichtbaren Individuen oder Kollektive, die Kracauer an dem visuellen Medium interessieren, als vielmehr die »psychologischen Dispositionen«25 sowie die kulturellen Denk-, Wahrnehmungs- und Verhaltensschemata der Gesellschaft, die im Film sichtbar werden. Das Kino spiegelt die Welt. Es offenbart ein »kollektives Gedächtnis« (Halbwachs) und liefert die »Schlüssel zu verborgenen geistigen Prozessen«.26
Filme etwa wie Der Student von Prag (1913) oder Der Golem (1915), Homunculus (1916/1917) oder Der Andere (1913) sind nach Kracauer Anzeichen für eine Bewusstseinsspaltung der deutschen Mittelschicht, die auf deren Minderwertigkeitskomplexe und die Instabilität der eigenen Identität hinweisen und im Rückblick zu Vorzeichen der Zukunft avancieren. Filme, so Kracauer27, reflektieren die Mentalität einer Nation, erstens weil sie niemals das Produkt eines Individuums sind, und zweitens weil sie sich an die anonyme Menge richten und deren Massenbedürfnisse unmittelbar ansprechen. Wer ist jedoch diese Menge, von der Kracauer schreibt?
Angestelltenkultur
Eine Antwort auf diese Frage hat Kracauer in seiner zugleich literarischen wie soziologischen Dokumentation über Die Angestellten ([1929/1930] 1971) gegeben.28 Einzigartig bleibt sein aus teilnehmender Beobachtung, Expertise und Interviews gewonnenes, zu einem Mosaik zusammengefasstes Material zu der in der Zwischenkriegszeit langsam und nahezu stillschweigend gewachsenen Zahl von Angestellten.29 Wie in Edgar Allan Poes Erzählung über den entwendeten Brief ist es gerade das Sichtbarste, das sich der Entdeckung entzieht:
»Hunderttausende von Angestellten bevölkern täglich die Straßen Berlins, und doch ist ihr Leben unbekannter als das der primitiven Völkerstämme, deren Sitten die Angestellten in den Filmen bewundern.«30
Anders als die Arbeiter, die ihren Konsum vor allem auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse ausrichten, suchen die Angestellten auch »Kulturbedürfnisse« zu befriedigen. Sie schaffen sich eine neue Angestelltenkultur, deren Mittelpunkt die Zerstreuung und Unterhaltung bildet.
Nicht nur im Konsum unterscheiden sich Angestellte und Arbeiter. Gehen die Arbeiter auf Distanz zum Bürgertum, streben die Angestellten nach Assimilation und orientieren sich bei gleichzeitiger Distinktion gegenüber den Arbeitern nach oben. Begierig suchen sie den Glanz: »›Warum die Leute so viel in Lokale gehen?‹, meint ein mir bekannter Angestellter, ›doch wohl deshalb, weil es zu Hause elend ist und sie am Glanz teilhaben wollen.‹«31
Aufrichtigkeit der Massenkultur
Insgesamt geht es Kracauer nicht um eine Verteidigung der »Zerstreuungs- und Massenkultur«, sondern darum, sie ernst zu nehmen. Der »Oberflächenglanz« der Filme, die Welt der Angestellten und der »Kult der Zerstreuung«32, diese Veräußerlichungen haben eine gewisse »Aufrichtigkeit«. »Nicht durch sie wird die Wahrheit gefährdet«, schreibt Kracauer.33 Die »Wahrheit« sei nur dann gefährdet, wenn man unbedenklich von Kulturwerten wie ›Persönlichkeit‹, ›Innerlichkeit‹ und ›Tragik‹ spreche, die eigentlich keine Bedeutung mehr hätten.
Ähnlich wie für die Cultural Studies (s. Kap. IV/4 und V/4.7) ist die »Massenkultur« für Kracauer zumindest theoretisch nicht einfach per se entfremdend. Stattdessen kommt es darauf an, welche (kreativen) Möglichkeiten die Rezipientinnen und Rezipienten im Umgang mit den Medien entwickeln, wie sie selbstreflexiv mit der Kulturindustrie umgehen und unter den Bedingungen der Kulturindustrie Veränderungsmöglichkeiten der Gesellschaft erschaffen.
Zu fragen ist dann natürlich, woher die Akteure die Fähigkeiten zu Reflexion und kreativen Umgang bekommen und ob dies nicht wiederum auf deren soziale Position verweist? Pessimistisch konstatiert Kracauer jedoch in seiner Angestellten-Studie, dass die Erzeugnisse der Filmindustrie auf diese Weise leider nicht auf die Massen einwirken. Vielmehr rechtfertigen sie in seinen Augen das Bestehende und betäuben die »Menge durch den Similiglanz der gesellschaftlichen Scheinhöhen […]. Die Flucht der Bilder ist die Flucht vor der Revolution und dem Tod.«34
Zusammenfassung
Die drei in diesem Kapitel vorgestellten Positionen geben ganz unterschiedliche Antworten auf eine zentrale Frage der kritischen Theorie: Welche gesellschaftsverändernde Wirkung können Kunst und Kultur in der modernen Gesellschaft haben?.
Horkheimer und Adorno erkennen in der modernen Massenkultur keinerlei kritisches Potential. Jede politische Äußerung muss als Ware der Unterhaltung vermarktet werden, um in der kapitalistischen Gesellschaft überhaupt gesehen zu werden. Horkheimer und Adorno bezeichnen diesen Umstand als die »Totalität der Kulturindustrie«.
Benjamin hingehen erkennt in der modernen Massenkultur durchaus emanzipatorisches Potential. Der Verfall der Aura in der modernen Kunst, der durch die technische Reproduzierbarkeit bedingt ist, erleichtere auch bildungsfernen Schichten den Zugang zu kulturellen Gütern. Hierin erkennt Benjamin das Potential zur Politisierung der Massen, welches sogar der Massenwirkung des Faschismus etwas entgegen zu setzen habe.
Kracauer schließlich erkennt zwar wie Benjamin kritisches Potential in der modernen Massenkultur, da sie aufrichtig sei und als Spiegelung der tatsächlichen Gesellschaft analysierbar ist. Voraussetzung dafür sei jedoch die Fähigkeit zur kritischen Medienreflexion, welche ihm zufolge bisher nur ungenügend in der Gesellschaft vorhanden ist. Daher muss er schließlich, wie Adorno und Horkheimer konstatieren, dass die moderne Massenkultur zur Aufrechterhaltung des Status Quo beiträgt anstatt ihn zu kritisieren.
Die Ladebalken neben den Aufgaben kennzeichnen den didaktischen Anforderungsbereich, der mit Bearbeitung der jeweiligen Aufgabe erreicht wird. Achtung: Um die Lerninhalte des Kapitels voll zu erfassen, sollten Sie mindestens eine Aufgabe aus jedem der drei Anforderungsbereiche bearbeiten.
Anforderungsbereich 1 - Reproduktion: Bei der Aufgabe handelt es sich um eine Reproduktion oder Textwiedergabe.
Anforderungsbereich 2 - Reorganisation: Die Aufgabe erfordert eine Reorganisation des vorhandenen Materials.
Anforderungsbereich 3 - Transfer: Die Aufgabe erfordert eine Abstraktions- oder Kreativleistung in Form eines Transfers.
Die Symbole hinter den Aufgaben kennzeichnen die Medienform, durch die die Aufgabe
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Legende für die Symole:
Erstellen Sie ein Abstract zum Unterkapitel zu Adorno/Horkheimer, indem Sie die zentralen Aussagen jedes Absatzes stichwortartig notieren. Testen Sie sich anschließend selbst: Erläutern Sie anhand der blauen Zwischenüberschriften, was Horkheimer/Adorno unter dem Begriff »Dialektik der Aufklärung« verstehen.
Suchen Sie aus dem Internet drei unterschiedliche Quellen heraus, in denen Sie etwas über Adornos und Horkheimers Verständnis des »autoritären Charakters« erfahren. Achten Sie dabei darauf, dass die Quellen
Tools:
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Web-Tipp: »Adornos ›Studien zum autoritären Charakter‹. Der Mensch als Anhängsel der Maschine. Eva-Maria Ziege im Gespräch mit Simone Miller«
Erläutern Sie, inwiefern Horkheimers und Adornos Dialektik der Aufklärung zur sog. Kritischen Theorie gehört.
Tools:
Definition: Kritische Theorie (Stanford Encyclopedia of Philosophy)
Definition: Kritische Theorie (Wikipedia)
Zusammenfassung: »Die Dialektik der Aufklärung«
Erstellen Sie ein Quiz, in dem es um die zentralen Themen von Horkheimers und Adornos Kultursoziologie geht. Sie können dabei auf das folgende Webtool zurückgreifen: quiz-maker.com Anschließend testen Sie Ihre Lerngruppe.
Tools:
Quiz erstellen: quiz-maker.com
Definition: Kulturindustrie (Wikipedia)
Biografie Horkheimer
Biografie Adorno
Sie sind Tutor einer Lerngruppe. Erstellen Sie ein Tafelbild, das Ihr Tutorial zu Horkheimers und Adornos Kultursoziologie zusammenfasst. Es kann sowohl Wort- als auch Bildelemente beinhalten. Zur Erstellung des Tafelbilds können Sie auf folgendes Webtool zurückgreifen: r8.whiteboardfox.com
Sammeln Sie Argumente, die für und gegen Horkheimers und Adornos Positionen sprechen. Nehmen Sie kritisch Stellung zu ihren Positionen.
Tools:Erklären Sie in eigenen, gesprochenen Worten, was Benjamin mit »Verfall der Aura« und »Aufhebung der Kunst in Lebenspraxis« meint und nehmen Sie sich dabei auf. Laden Sie eine Audiodatei auf der Lernplattform hoch und versehen Sie sie mit einem passenden Bild (Thumbnail). Ein*e Lernpartner*in reagiert darauf mit einer eigenen Audiodatei, in der er*sie Ihnen erklärt, was er*sie
Tools:
Arbeitsblatt Exzerpt
Biografie Benjamin
Benjamin Archiv
Schreiben Sie die zentralen Thesen Benjamins heraus und suchen Sie anschließend im Netz nach passenden historischen Bildern (z.B.: Surrealismus, Dadaismus) zu den einzelnen Thesen. Stellen Sie die Bilder, mit der zu ihnen passenden These versehen, auf die Lernplattform.
Im Surrealismus-Aufsatz von 1929 spricht Benjamin von der besonderen Funktion des Traums mit seinen »Kitschbildern« (wie Benjamin sie nennt). Erläutern Sie, inwiefern auch diese »Kitschbilder« als Kunst betrachtet werden können.
Tools:
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Erstellen Sie eine Mind-Map, in der Sie die zentralen Begriffe und Argumente Benjamins ordnen und zueinander in Beziehung setzen. Sie können dabei auf dieses Webtool zurückgreifen: mind-map-online.de
Tools:
MindMap-Tool: mind-map-online.de
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Tools:
Web-Tipp: Till R. Kuhnle: »Anmerkungen zum Begriff Gesamtkunstwerk – die Politisierung einer ästhetischen Kategorie?«
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Erläutern Sie, welche Rolle die Massenkultur bei Kracauer spielt.
Sammeln Sie im Internet zentrale Begriffe, die den kulturgeschichtlichen Hintergrund des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts charakterisieren (z.B. Girl-Kultur, Großstadt, etc.). Integrieren Sie dabei die kultursoziologisch relevanten Begriffe, die sich bei Kracauer finden.
Tools:
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Die Angestellten-Kultur ist nach Kracauer von einem Assimilationsbedürfnis bestimmt. Andererseits ist bei Kracauer die Rede von Aufrichtigkeit und Selbstreflexivität. Erläutern Sie, ob es einen Zusammenhang zwischen beiden gibt.
Tools:
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Literaturtipp: Kracauer, Siegfried (1971): Die Angestellten. Aus dem neusten Deutschland, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Für Kracauer ist der Film ein Mittel, um zum eigentlichen ›Sein‹ des Menschen zu gelangen. Horkheimer und Adorno sprechen dagegen im Hinblick auf die Unterhaltungsmedien davon, dass er die Wirklichkeit als schönen ›Schein‹ darstelle. Beziehen Sie Stellung zu den Erkenntnismöglichkeiten des Films.
Tools:
Arbeitsblatt Gruppenarbeit
Tools:
Diagramm erstellen: app.diagrams.net
Im Text wurde die Kritik der Cultural Studies an Horkheimers und Adornos Positionen erwähnt. Innerhalb der Cultural Studies haben sich in den letzten Jahren die sog. Celebrity Studies formiert. Erläutern Sie, wie Horkheimers und Adornos Position aus der Perspektive der Celebrity Studies kommentiert werden könnte.
Tools:
Video: X. Woodley: »Intro to Cultural Studies«
Definition: Kulturwissenschaft (Wikipedia)
Web-Tipp: Pascal Fischer: »Der Kulturbegriff der Cultural Studies – ein Konzept, das Fragen generiert«
Web-Tipp: »Celebrity Culture«
Erläutern Sie den Bezug zwischen der Nutzung von öffentlich-rechtlichen Nachrichten und der These zunehmender Echokammern und Filterblasen.
Tools:
Video: #kurzerklärt: »Facebook und Google - Filterblasen gefährden Demokratie«
Podcast: Raphael Smarzoch (2018): »Filterblasen, Echokammern & Co.Filtern als Kulturtechnik«
Lesen Sie einen Auszug aus Horkheimers und Adornos Studie zum autoritären Charakter. Erläutern Sie, welche Relevanz die Ergebnisse dieser Studie angesichts der gegenwärtigen Zunahme von Populismus haben.
Tools:
Web-Tipp: »Adornos ›Studien zum autoritären Charakter‹. Der Mensch als Anhängsel der Maschine - Eva-Maria Ziege im Gespräch mit Simone Miller«
Benjamins Passagen-Werk, an dem er von 1927 bis zu seinem Tod gearbeitet hat, liest sich als lose Aneinanderreihung von unterschiedlichsten Beobachtungen (z.B. über Mode, Prostitution, Reklame etc.), die er als Flaneur in den Pariser (Einkaufs-)Passagen gemacht hat. Über das Werk wird gesagt, es changiere zwischen der Darstellung gerade vergangener, versteinerter Artefakte des Kapitalismus einerseits und der befreienden revolutionären Kraft in der Massenkultur andererseits.
Erläutern Sie, ob eine solche Kulturdiagnose auch für die Gegenwart noch zutreffen könnte.
Tools:
Zusammenfassung: Benjamins Passagen-Werk
In Kracauers Essay Das Ornament der Masse von 1927 geht es um Figuren des Kollektiven. So bezeichnet er beispielsweise mit dem »Strom des gigantischen Lebens« diejenigen Menschenmengen, die sich bei Sportereignissen in Stadien in gleicher Richtung bewegen und darin geometrische Figuren beschreiben. Diese Muster seien »monströse Figuren«.
Tools:
Literaturtipp: Kracauer, Siegfried (1977): Das Ornament der Masse. Essays, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Biografie Kracauer
Mit dieser Selbstreflexion zum Lernfortschritt können Sie Ihre bisherigen Fortschritte auswerten.
Die folgende Liste soll einen kurzen Überblick über die für das Thema relevante Literatur geben.
Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W. (1998): Dialektik der
Aufklärung. Philosophische Fragmente.
Theodor W. Adorno:
Gesammelte Schriften Bd. 3, Darmstadt: WBG.
Wiggershaus, Rolf (1998): Die Frankfurter Schule. Geschichte. Theoretische Entwicklung. Politische Bedeutung, München: DTV.
Müller-Doohm, Stefan (2001): Die Soziologie Theodor W. Adornos. Eine Einführung, Frankfurt/New York: Campus.
Bürger, Peter (2001): »Der Anti-Avantgardismus in der Ästhetik Adornos«. In: Ders.: Das Altern der Moderne. Schriften zur bildenden Kunst, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 31-47.
Benjamin, Walter (1996): »Der Surrealismus. Die letzte Momentaufnahme der europäischen Intelligenz«. In: Ders.: Ein Lesebuch, hg.v.Michael Opitz, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 149-164.
Keppler, Angela (2011): »Ambivalenzen der Kulturindustrie«, in: Richard Klein et al. (Hg.): Adorno- Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Stuttgart: Metzler, S. 253-262.
Prokop, Dieter (2017a): Geschichte der Kulturindustrie, Hamburg: tredition.
Prokop, Dieter (2017b): Theorie der Kulturindustrie, Hamburg: tredition.
Prokop, Dieter (2017c): Lexikon der Kulturindustrie, Hamburg: tredition.
Schulze, Gerhard (1992): Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt a.M./New York: Campus.
Steinert, Heinz (2003): Die Entdeckung der Kulturindustrie oder: Warum Professor Adorno Jazz-Musik nicht ausstehen konnte. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Steinert, Heinz (2008): Kulturindustrie, 3. Aufl., Münster: Westfälisches Dampfboot.
Haug, Wolfgang Fritz (2009): Kritik der Warenästhetik. Gefolgt von Warenästhetik im High-Tech-Kapitalismus, Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Steinert, Heinz (2007): Das Verhängnis der Gesellschaft und das Glück der Erkenntnis: Dialektik der Aufklärung als Forschungsprogramm. Münster: Westfälisches Dampfboot.
Biografie Horkheimer: https://www.hdg.de/lemo/biografie/max-horkheimer.html
Biografie Adorno: https://www.hdg.de/lemo/biografie/theodor-w-adorno.html
Biografie Benjamin: https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-walter-benjamin.html
Biografie Archiv: https://www.adk.de/de/archiv/archivabteilungen/walter-benjamin-archiv/index.htm
Biografie Kracauer: https://wiki.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/SOZFRA/index.php/Biographie_Siegfried_Kracauer
Deutschlandfunk Kultur: »Adornos ›Studien zum autoritären Charakter‹. Der Mensch als Anhängsel der Maschine - Eva-Maria Ziege im Gespräch mit Simone Miller«: https://www.deutschlandfunkkultur.de/adornos-studien-zum-autoritaeren-charakter-der-mensch-als.2162.de.html?dram:article_id=455440
Magnus Klaue: »Der Schriftsteller und der Kaufmann. Warum zwischen Theodor W. Adorno und Max Horkheimer kein Schrägstrich passt«: https://soziopolis.de/erinnern/jubilaeen/artikel/der-schriftsteller-und-der-kaufmann/
Definition: Kritische Theorie (Wikipedia): https://de.wikipedia.org/wiki/Kritische_Theorie
Definition: Kritische Theorie (Stanford Encyclopedia of Philosophy): https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/
Clemens Albrecht (2004): »Die Dialektik des Scheiterns. Aufklärung mit Horkheimer und Adorno«, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 1 (2004), H. 2: https://zeithistorische-forschungen.de/2-2004/4387
Zusammenfassung der »Dialektik der Aufklärung«: https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/dialektik-der-aufklarung/3272
Definition: Kritische Theorie (Stanford Encyclopedia of Philosophy): https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/
»70. Jubiläum der ›Dialektik der Aufklärung‹. ›Adorno und Horkheimer stehen nicht alleine da‹. Winfried Schröder im Gespräch mit Beatrix Novy«: https://www.deutschlandfunk.de/70-jubilaeum-der-dialektik-der-aufklaerung-adorno-und.691.de.html?dram:article_id=354844
Definition: Kulturindustrie (Wikipedia): https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturindustrie_%E2%80%93_Aufkl%C3%A4rung_als_Massenbetrug
Universität Rostock: »Soziologie studieren: Theodor W. Adorno – Kulturindustrie«: https://www.youtube.com/watch?v=k1n7Vp4s_sU
Till R. Kuhnle: »Anmerkungen zum Begriff Gesamtkunstwerk – die Politisierung einer ästhetischen Kategorie?« https://journals.openedition.org/germanica/2085?lang=de
Centre for Innovation - Leiden University: »Music and culture industry: An introduction to Adorno«: https://www.youtube.com/watch?v=etYeMtFn3tc
X. Woodle: »Introduction to Cultural Studies«: https://youtu.be/FK9MhONotwQ
Pascal Fischer: »Der Kulturbegriff der Cultural Studies – ein Konzept, das Fragen generiert«: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/46499/1/fisba46499.pdf
Definition: Kritische Theorie (Stanford Encyclopedia of Philosophy): https://plato.stanford.edu/entries/critical-theory/
Definition: Kulturwissenschaft (Wikipedia): https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturwissenschaft
iResearchnet: »Culture in Sociology«: https://sociology.iresearchnet.com/sociology-of-culture/what-is-culture-in-sociology/
#kurzerklärt: »Facebook und Google - Filterblasen gefährden Demokratie«: https://www.youtube.com/watch?v=-TL_Ija3Rhs
Raphael Smarzoch (2018): »Filterblasen, Echokammern & Co.Filtern als Kulturtechnik«: https://www.deutschlandfunkkultur.de/filterblasen-echokammern-co-filtern-als-kulturtechnik.976.de.html?dram:article_id=433306
Zusammenfassung von Benjamins Passagen-Werk: https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/das-passagen-werk/34695
Selbst Protestsongs, die auf den ersten Blick eine kritische Position zur Gesellschaft suggerieren, können im Prozess der kapitalistischen Warenproduktion nach Adorno »verdinglicht«, zur konsumierbaren Unterhaltungsware werden: youtube.com/watch?v=Xd7Fhaji8ow
Mit der neuen Klasse der Angestellten, die zu Siegfried Kracauers Zeit entstand, ging eine massenmediale »Angestelltenkultur« einher, die sich an bürgerlichen Lebensstilmustern orientierte, aber vor allem auf Zerstreuung und Unterhaltung zielte. (Wikipedia »Die Angestellten«)
Philosophisches Konzept, das ein bewusstes Erfassen von Erlebnis- und Wahrnehmungsinhalten bezeichnet.
Damit beschreibt Walter Benjamin, dass Kunstwerke immer in eine soziale Praxis und Rezeptionsweise eingebunden sind.
Der Begriff Aufklärung bezeichnet die um das Jahr 1700 einsetzende Entwicklung, durch rationales Denken alle den Fortschritt behindernden Strukturen zu überwinden. Es galt, Akzeptanz für neu erlangtes Wissen zu schaffen. Seit etwa 1780 bezeichnet der Terminus auch diese geistige und soziale Reformbewegung, ihre Vertreter und das zurückliegende Zeitalter der Aufklärung (Aufklärungszeitalter, Aufklärungszeit) in der Geschichte Europas und Nordamerikas. Als wichtige Kennzeichen der Aufklärung gelten die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, mit der man sich von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen und Ideologien gegen den Widerstand von Tradition und Gewohnheitsrecht befreien will. (Wikipedia »Aufklärung«)
Die Dialektik der Aufklärung beschreibt die Kehrseite der Aufklärung. Die Befreiung von der Herrschaft durch fremde Mächte führt zu neuen Unfreiheiten wie Ausbeutung und Umweltzerstörung. Damit zerstört die Aufklärung sich selbst.
Ein Kunstwerk hat ein es umgebendes Geheimnis, eine Art heiligen Vorhof, der aus seinen Eigenschaften Originalität, Genialität und Ewigkeitswert besteht.
Seitdem Kunstwerke technisch und d.h. massenhaft reproduziert werden können und es infolgedessen keine Originale mehr gibt, haben sie ihre Aura verloren.
Ein sozialpsychologisches Konzept, das ein bestimmtes Muster von sozialen Einstellungen bzw. Persönlichkeitseigenschaften beschreibt, die das Sozialverhalten negativ prägen, u. a. durch Vorurteile, Konformität, Destruktivität, Autoritarismus, extremen Gehorsam gegenüber Autoritäten, Rassismus und Ethnozentrismus, d. h. Ablehnung des Fremden und fremder Kulturen. (Wikipedia »Autoritärer Charakter«)
Radikale künstlerische Bewegungen, v.a. des 20. Jahrhunderts, die sich stark an der Idee des Fortschritts orientieren.
Seit den 1960er-Jahren hat die Kulturwissenschaft unter dem angelsächsischen Begriff »Cultural Studies« als fächerübergreifender Forschungsansatz, der die Bedeutung von Kultur als Alltagspraxis zu ergründen versucht, international an Bedeutung gewonnen. Die Forschung fand vor allem im Umfeld des Centre for Contemporary Cultural Studies (CCCS) unter der Leitung von Stuart Hall statt.
(Wikipedia »Kulturwissenschaft«)
Ist eine künstlerische und literarische Avantgarde-Bewegung, die 1916 von Hugo Ball, Emmy Hennings, Tristan Tzara, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Hans Arp in Zürich begründet wurde und sich durch Ablehnung »konventioneller« Kunst und Kunstformen – die oft parodiert wurden – und bürgerlicher Ideale auszeichnet. Vom Dada gingen erhebliche Impulse auf die Kunst der Moderne bis hin zur zeitgenössischen Kunst aus. (Wikipedia »Dadaismus«)
Der Faschismus betreibt nach Walter Benjamin vor allem mittels der Medien Photographie und Film eine Ästhetisierung der Politik.
Als Frankfurter Schule wird eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen bezeichnet, die an die Theorien von Hegel, Marx und Freud anknüpfte und deren Zentrum das 1924 in Frankfurt am Main eröffnete Institut für Sozialforschung war. Sie werden auch als Vertreter der dort begründeten Kritischen Theorie begriffen. (Wikipedia »Frankfurter Schule«)
Für Adorno und Horkheimer die »eigentliche« Kultur, die von einer minderwertigen Unterhaltungskultur zu unterscheiden ist.
Übereinstimmung einer Person mit den Normen eines gesellschaftlichen, inhaltlichen oder ethischen Kontextes. (Wikipedia »Konformität«)
Als Kritische Theorie wird eine von Hegel, Marx und Freud in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts inspirierte Gesellschaftstheorie bezeichnet. Gegenstand der Theorie ist die ideologiekritische Analyse der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, das heißt: die Aufdeckung ihrer Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen und die Hinterfragung ihrer Ideologien, mit dem Ziel einer vernünftigen Gesellschaft mündiger Menschen. (Wikipedia »Kritische Theorie«)
Der Begriff bezeichnet das ausdifferenzierte Feld kultureller Produktion und Vermittlung, das die Herstellung von Kulturgütern, den Kulturmarkt, die Kulturverwaltung sowie den Kulturkonsum umfasst.
Mit Massenkultur werden Gebräuche, Gewohnheiten und Gegenstände des Alltags, die nicht als Kultur im Sinne von Bildender Kunst, Musik und Literatur in der Sinngebung durch eine definierende Elite (Hochkultur) wahrgenommen werden, bezeichnet. (Wikipedia »Alltagskultur«)
Ein Mythos verknüpft das Dasein der Menschen mit der Welt der Götter oder Geister. Mythen erheben einen Anspruch auf Geltung für die von ihnen behauptete Wahrheit. (Wikipedia »Mythos«)
Die Entauratisierung der modernen Kunst führt nach Benjamin dazu, dass die Kunst nicht länger im religiösen Ritual gründet, sondern in der Politik.
Als Populärkultur werden kulturelle Erzeugnisse und Alltagspraktiken, die vor allem seit dem 20. Jahrhundert im Zuge der gesellschaftlichen Modernisierung als Massenkultur Verbreitung finden, bezeichnet. Die Etablierung des Massenkonsums seit dem späteren 19. Jahrhundert spielt dabei eine Rolle. (Wikipedia »Popkultur«)
Der Positivismus ist ein Kind der Aufklärung und wendet sich gegen irrationale bzw. religiöse Erklärungen. Er lehnt jegliche Metaphysik als theoretisch unmöglich und praktisch nutzlos ab. Die Forschung hat sich auf das Positive, d.h. das Tatsächliche, Wirkliche und Zweifellose zu beschränken und sich allein auf konkrete Erfahrungen zu berufen. (vgl. Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien: https://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/ksamethoden/ksamethoden-31.html)
Das plötzliche Aufscheinen einer Erkenntnis, eines Bildes, das auftaucht wie eine Gottheit, aber keine mehr ist. Das Konzept stellt einen Schlüsselbegriff surrealistischer Wahrnehmung dar.
Ein Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein. (Wikipedia »Ritual«)
Surrealismus bezeichnet eine geistige Avantgarde-Bewegung, die sich seit den 1920er Jahren als Lebenshaltung und Lebenskunst gegen traditionelle Normen äußert. Sie findet bis in die Gegenwart sowohl philosophisch als auch in den Medien, Literatur, Kunst und Film ihren Ausdruck. (Wikipedia »Surrealismus«)
Nach Adorno und Horkheimer umfasst die Kulturindustrie die Gesamtheit der Kunst und Kultur, sogar die Kritik an ihr selbst, und macht alle kulturellen Formen zu einer Ware der Unterhaltung. Darin besteht die Totalität der Kulturindustrie.
Verdinglichung bezeichnet in der marxistischen Theorie die Verkehrung des Verhältnisses von arbeitsteilig füreinander produzierenden Menschen in ein versachlichtes (verdinglichtes) Verhältnis von Waren zueinander. Unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen nehmen die Arbeitsprodukte die Form von Waren, Geld und Kapital an und verselbständigen sich als solche gegenüber ihren eigentlichen Produzenten. Unter den Bedingungen der kapitalistischen Warenproduktion kann prinzipiell alles zur Ware werden, auch die Liebe oder Menschen, so die These der Verdinglichung, die im Anschluss an Marx insbesondere Georg Lukács 1923 ausgearbeitet hat. (Wikipedia »Verdinglichung«)
Adorno und Horkheimer bezeichnen mit diesem Begriff die Dominanz einer technisch-rationalen Vernunft, die sich mit gesellschaftlicher Herrschaft verschwistert habe, über die praktische Vernunft. Sie steht für eine Vernunft, welche die Mittel, nicht jedoch die Ziele des Handelns reflektiert. (Wikipedia »instrumentelle Vernunft«)
Nach Kracauer ist die Kultur der Gesellschaft seiner Zeit vor allem von der Angestelltenkultur geprägt. Diese ist wesentlich durch Zerstreuung und Unterhaltung charakterisiert.
1 Horkheimer/Adorno 1998; s. Wiggershaus 1988: 338ff.
2 Horkheimer/Adorno 1998: 13.
3 Vgl. Adorno 1998b: 93-121.
4 Horkheimer/Adorno 1998: 14.
5 Vgl. auch Adorno 1998a: 299-335; 1998b: 122-146.
6 Schulze.
7 Ebd.: 158.
8 Ebd.
9 Ebd.: 167.
10 Ebd.: 191.
11 Böhme 2016.
12 Haug 2009.
13 Vgl. Hecken 2007: 35ff.
14 Benjamin 1991a; s. Schweppenhäuser/Tiedemann 1991: 982-1063 sowie instruktiv Bürger 1974: 35ff.
15 Benjamin 1991a: 473.
16 Ebd.: 477, 479.
17 Benjamin 1991a: 482, kursiv i.O.
18 Vgl. Simmel 1992: 764-771; Frisby 1989b: 233.
19 Benjamin 1972: 225.
20 Bruno Latour; vgl. Kap. V/4.4.
21 Vgl. Schroer 2007; Frisby 1989a: 154.
22 Vgl. Kracauer 1971: 99.
23 Vgl. Koch 1996: 99ff.; Schroer 2008b.
24 Kracauer 1979: 13.
25 Ebd.: 12.
26 Ebd.: 13.
27 Ebd.: 11.
28 Vgl. informativ Papcke 1991.
29 Vgl. ebd.: 89f.
30 Kracauer 1971: 11.
31 Ebd.: 91.
32 Kracauer 1977: 311ff.
33 Ebd.: 314.
34 Kracauer 1971: 99.